Frühgeborene und intensivmedizinisch betreute Neugeborene
Als Frühgeborene werden aus medizinischer Sicht Kinder bezeichnet, deren Geburtsgewicht 2500g unterschreitet, oder Babys die vor der Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen sind. In Deutschland betrifft das pro Jahr rund 63.000 Kinder. Ca. 8000 Kinder werden noch vor der 30. Schwangerschaftswoche geboren. Sie alle brauchen eine mehr oder weniger intensive medizinische Betreuung und haben ganz besondere Bedürfnisse.
Babys können aber auch aus anderen Gründen einen schwierigen Start ins Leben haben. Wenn sie eine intensivmedizinische Betreuung brauchen, haben sie, wie Frühgeborene, nach der Entlassung aus der Intensivstation meist sehr ähnliche Bedürfnisse. Deswegen werden sie hier mitberücksichtigt.
Was ist an frühgeborenen Kindern besonders?
Frühgeborene Babys zeigen unter den schwierigsten, oft lebensbedrohlichen Bedingungen, einen ausgeprägt starken Lebenswillen. Das macht sie besonders, sie haben ganz individuelle Bedürfnisse, auf die sich ihre Umwelt einstellen muss.
Frühgeborene Babys sind starken und unangenehmen Reizen ausgesetzt. Diese führen zu Angst und Stress. Weil das Nervensystem noch nicht ausgereift ist, nehmen sie viele Reize zu stark wahr. Diese Reize, beispielsweise Bewegungs- oder Berührungsreize, können so verstörend sein, dass sich ihnen das Nervensystem nicht anpassen kann.
Anpassungsschwierigkeiten äußern sich beim „Frühchen“ und auch bei „Inkubator-Kindern“ meist durch starke Schreckreaktionen und plötzliches Schreien. Es fällt dem Baby viel schwerer, sich gut zu beruhigen und zu regulieren. Dadurch werden Kontaktaufnahme und das Empfangen von beruhigenden Bindungssignalen erschwert.
Eine andere mögliche Form der Regulationsschwierigkeit ist das „sich abschalten“. Dabei reagiert das Baby kaum auf eingehende Reize und nimmt dabei seine Umwelt nicht wahr. Auch hier können die wichtigen Signale seiner Eltern nur schwer empfangen werden. Das wirkt sich für bestimmte Lernbereiche des Babys ungünstig aus und birgt Risiken für die weitere Entwicklung.
Dies ist ein sehr schwieriger Start, der bei den meisten Eltern zu Sorgen und Stress führt. Sie werden plötzlich mit Themen und Aufgaben konfrontiert, für die sie meist keine Vorbereitungszeit hatten – eine physische und emotionale Ausnahmesituation.
Entwicklungsbereiche in denen es bei betroffenen Babys zu Schwierigkeiten kommen kann:
- Bindung, Emotionalität, Verhalten
- Körperkontakt
- Eigenwahrnehmung und Lernen
- Motorik
Besonders wichtig dafür, dass die Entwicklung eines frühgeborenen Babys möglichst fröhlich und hürdenfrei stattfinden kann, ist eine zeitnahe, sehr intensive Betreuung und Anleitung der Eltern, damit das Baby seine Ressourcen auszuschöpfen lernt. Nur über und mit seinen Eltern kann das frühgeborene Baby lernen, die verstörenden Erlebnisse und Erfahrungen der Frühgeburt zu überwinden.
Unser Konzept bei frühgeborenen und ehemalig intensivmedizinisch betreuten Babys und ihren Eltern besteht anfangs aus Beratung und Anleitung, angepasst an die speziellen Bedürfnisse der Babys und ihrer Familie. Später profitieren die Kinder am besten von einer Verbindung aus verschiedenen Therapiemethoden und Elterntraining.
Unsere Kompetenzen liegen in der Vorbereitung verschiedener Basisfertigkeiten, welche das Kind für eine gesunde Entwicklung benötigt.
- Aufbau von Körperkontakt und Körperschema für eine sichere Bindungsqualität.
- Aufbau von Blickkontakt für positive Interaktion, Nachahmung und Aufmerksamkeit.
- Aufbau von Bewegungsmechanismen und Körperspannung für eine gute Eigenwahrnehmung und Motorik.
- Aufbau von richtigen Saug- und Schluckmechanismen als Grundlage für unkomplizierte Nahrungsaufnahme und Sprachentwicklung.
Gemeinsam mit seinen Eltern streben wir die nächsten Entwicklungsschritte an, die dem Baby seinen Start in ein gutes Leben erleichtern.
Unsere Beratungen und Behandlungen beinhalten praktische und theoretische Inhalte, welche durch die moderne Frühgeborenenforschung untermauert wird.
Eltern lernen durch die videogestützte Intervention mit den Schwierigkeiten ihres Kindes leichter, zielgerichteter und sehr feinfühlig umzugehen. Alle Entwicklungsbereiche werden gemeinsam besprochen. Zielsetzung und Vorgehensweise werden dann auf die individuellen Bedürfnisse angepasst. Falls nötig, ist eine weiterführende Diagnostik aus verschiedenen Entwicklungsbereichen möglich. Diese langjährig aufgebaute und erprobte Vorgehensweise hat sich für Mutter, Vater und Kind als hilfreich und stressentlastend erwiesen.
Falls nötig, bieten wir ein Spektrum an Therapien an, die für Säuglinge und Kindern geeignet sind. Die Sensorisch Integrative Ayres Therapie zur Förderung der Wahrnehmung, die Castillo Morales Therapie zur Fütter- und Sprachförderung, Bobaththerapie zur Förderung der Motorik.